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Monika Ebeling wurde bundesweit bekannt, als sie sich als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Goslar für mehr Geschlechtersensibilität bei Trennung und Scheidung einsetzte, nachdem ihr aufgefallen war, dass berechtigte Anliegen von Vätern oft nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Als sie sich weigerte, eine Ausstellung „Gegen Gewalt in Paarbeziehungen“ zu unterstützen, weil diese die einseitige Parteilichkeit für Frauen im Kontext der häuslichen Gewalt betonte, wurde sie auf Druck von Frauenrechtlerinnen von Ihrem Posten entbunden. Der Fall erregte ein großes Medienecho (Spiegel, Focus, Stern, FAZ), Interneteinträge hierzu finden sich europaweit. Frau Ebeling ist häufiger Gast bei Talkshows (u.a. im Nachtcafé von Wieland Backes) und Autorin des Buches „Die Gleichberechtigungs-falle“ (2012, Verlag Herder).

Monika Ebeling studierte Sozialarbeit/Sozialpädagogik, übernahm Krankenhaussozialdienste und Arbeiten in der Müttergenesung und Dienste in der Drogenarbeit. Sie übte Lehrtätigkeiten an der Alten- und Krankenpflegeschule aus und erwarb eine Zusatzqualifikation als systemische Familientherapeutin. Immer wieder führte sie zahlreiche Beratungsgespräche, vorwiegend mit Frauen. Aus ihren Erfahrungen der Familienberatung wurde ihr deutlich, wie wichtig geschlechtersensibles Arbeiten ist. Diskriminierung, sagt sie, kennt kein Geschlecht. Sie setzt sich daher für eine ausgewogene Gleichstellungspolitik ein und ein friedliches Miteinander von Mann und Frau. Dem Geschlechterkampf erteilt sie heute eine klare Absage. „Das sind wir unseren Kindern schuldig“, sagt sie und will die scheinbar unvermeidbaren Kollateral-schäden einer jahrzehntelangen Gleichstellungspolitik nicht mehr unwidersprochen hinnehmen. Ihre drei Töchter, ein Sohn, zwei Schwiegersöhne und zwei Enkelkinder ermutigen sie, sich auch weiterhin den aktuellen Fragen zur Gleichstellung von Mann und Frau zu stellen. Frau Ebeling wohnt in Braunschweig.

„Der Geschlechterkampf – das Wegdenken der Unterschiede“

Vorbemerkung:

Im Gegensatz zu den Zusammenfassungen der anderen Vorträge, die ich so wortgetreu wie nur möglich im Sinne der Referenten/-innen zu formulieren versuchte, habe ich mich an dieser Stelle für etwas Anderes entschieden. Einige Passagen daraus herauszuziehen und irgendwie zu einer Zusammenfassung zusammen zu puzzeln, erschien mir einfach nicht adäquat. Sie können daher den Vortrag von Frau Ebeling ohne weiteren Return-Klick direkt hier in voller Länge lesen. Er ist es mehr als wert, dass Sie es tun.

Ich habe mich dann unüblicherweise noch für etwas Anderes entschieden, das nicht Inhalt des Symposiums war, aber vielleicht an dieser Stelle Sinn macht. Ich habe mich einfach dazu entschlossen, dem Vortrag quasi als Ergänzung ein persönliches Statement von mir hinzuzufügen, das auch mit meiner eigenen Geschichte zu tun hat. So wird dem Vortrag von Frau Ebeling nun die Meinung eines Mannes (also von mir, was aber wirklich nicht repräsentativ für andere Männer ist) gegenüber gestellt. Mit dem Vorteil, dass dadurch ansatzweise eine Situation des Dialogs hergestellt wird. Übrigens eine Form, die für die Darstellung komplexer Sachverhalte sehr gut geeignet ist – wie es Physiker entdeckt haben. Und mit dem Effekt, dass bei diesem Thema auch einmal eine männliche Seite versuchsweise zu Wort kommen soll. Wir haben lange genug bei diesem Thema gekniffen.

Schließlich geht es um das Fundament unserer Gesellschaft.

Das Statement finden Sie hier:
Statement Dr. Michael Harder zum Feminismus aus Sicht eines Familien-Mannes

Und nun zum wichtigen Vortrag von Frau Ebeling:

Der Geschlechterkampf – das Wegdenken der Unterschiede“

Das Ende des Geschlechterkampfes

Für die einen bin ich eine Nestbeschmutzerin, eine Provokateurin, ein Stein des Anstoßes. Eine, die man nach Gutdünken mal politisch links und mal rechts einzuordnen versucht und deren Gedanken und Aussagen für eigene Zwecke zu verdrehen und zu instrumentalisieren sind.

Für andere bin ich eine Galionsfigur, ein Segen, eine Männerversteherin, eine die endlich mal ausspricht, was zu sagen ist und als Frau damit hoffentlich mehr Glück hat als mancher Mann, der das Gleiche verständlich zu machen versucht.

Aus meiner Sicht stellt sich die Sache erwartungsgemäß etwas anders da. Was ich sage halte ich nicht für ungewöhnlich. Während meiner Aus- und Fortbildungen lernte ich von den Symptomen weg auf Systeme zu schauen. Ich lernte Thesen zu formulieren, um diese Systeme zu hinterfragen, meine Interventionen darauf einzustellen und womöglich das System oder Teile davon, dadurch zu verbessern. Und dann habe ich noch ein paar Eigenschaften und Charakterzüge, die man nicht lernen kann, aber für das was ich tue überaus wichtig sind.

Wenn nun einige Menschen auf mich und was ich sage mit Verleugnung, Boykott, Ignoranz oder Aggressivität reagieren, dann zeigt mir das umso mehr, dass ich auf dem richtigen Weg zu sein scheine. Es wird wohl Gründe geben, warum solche Menschen ihre Position nicht ändern wollen, aber stattdessen ein Feindbild auf mich projektzieren. Zum Glück erhalte ich im überwiegenden Maße Zustimmung, was zur Relativierung möglicher Gegner beiträgt.

Am Anfang eines Konfliktes oder einer schwierigen Entwicklung steht doch oft eine Überforderung aus der sich eine Verzweiflung entwickelt, die depressiv oder aggressiv machen kann. Es geht mir deshalb nicht darum Schuldige zu suchen. Es geht mir aber um die Optimierung zwischenmenschlicher Achtsamkeit, Empathie und gegenseitiger Wertschätzung.

Wenn einige meiner Gedanken und Thesen über das Miteinander von Frauen, Männern und Kindern bereits im Ansatz erstickt werden sollen, dann werde ich umso beharrlicher sein. Diese Bereitschaft bringe ich mit, weil ich davon überzeugt bin, dass der Schutz der Kinder der Kern meines Handelns ist.

Ich behaupte, dass die bisherige Gleichstellungspolitik und –arbeit einseitig parteilich für Frauen ausgeübt wird. Ich fordere, dass wir die feministischen Scheuklappen ablegen und der jahrzehntelang eingeübten Radikalisierung und Ideologisierung der Geschlechterdebatte Einhalt gebieten.

Das Wort ´Geschlechterkampf´ hat in meinem Leben nun ausgedient, denn das Konzept eines Kampfes zwischen Frauen und Männern scheint mir auf keinen Fall in unsere Gesellschaft und unsere Vorstellungen eines friedvollen Miteinanders zu passen. Erst recht deshalb nicht, weil in diesem Kampf Kinder vor die Flinte geraten und als Waffe instrumentalisiert werden können. Das ist ein ganz heikler Punkt, der mit jedem Jahr des Geschlechterkampfes schlimmer wurde. Kinder werden zu Zeugen der Kampfhandlungen zwischen Frauen und Männern. Ein erwachsenes Scheidungskind erklärte mir neulich, dass es seine Befragung nach der Trennung der Eltern durch Fachkräfte in Ämtern und Beratungsstellen als ´Verhör´ erinnert. Das finde ich wirklich schlimm.

Kinder müssten mit allen rechtmäßigen Mitteln aus einem solchen Kampfgeschehen herausgehalten werden. Mir kommt es aber so vor, als wenn hier Kindersoldaten im deutschen Geschlechterkampf verheizt werden.

Ich behaupte, dass es von der Politik, der Gesetzgebung und den ausführenden Organen weitgehend klaglos hingenommen wird, dass Kinder zwischen die Fronten des Geschlechterkampfes geraten sind, Zeugen werden und sogar für kriegerische Handlungen missbraucht werden.

Meinem Menschenbild entspricht es aber nicht auf dem Schwächeren herumzutreten, wie es bei uns in Mode gekommen zu sein scheint. Erwachsene sollten gelernt haben Probleme zu lösen und Konflikte zu beenden. Wenn aber ein kleiner Mensch seine Selbstwirksamkeit verliert, weil ihn Erwachsene behindern oder Gewalt antun, dann sehe ich aus beruflichen und menschlichen Gründen Handlungsbedarf. Kinder haben doch ein Recht auf gewaltlose Erziehung. Ich schweige nicht, sondern bemühe mich im Interesse des Kindes einzuschreiten.

Hilfe und Subventionen müssen den Frieden zwischen den Geschlechtern und in den Familien stärken und aus meiner Sicht vorübergehender Natur sein. Der Staat muss sich doch zurückhalten wo es nur geht, wenn er die Eigenständigkeit seiner Bürger im Blick behalten will und auch deren Eigenverantwortung stärken möchte. Andernfalls drohen große Flächen unseres Landes zu Selbsthilfegruppen Betroffener zu verkommen. Deren staatliche Rund-um- Versorgung macht diese Menschen tendenziell abhängig und erhöht wohl kaum die Autonomie und Demokratiefähigkeit mündiger Bürger.

Wenn ich das Wort ´Geschlechterkampf´ heute benutze, dann ist mir das inzwischen zutiefst zuwider. Wir können stolz sein auf unsere Friedensbewegung und auf jede Bewegung, die zur Verbesserung der Demokratie und Lebensumstände beitragen kann. Menschen, die sich in diesem Sinne in unserem Land engagieren sind Juwelen.

Wir setzen uns doch so gern ein für Frieden und Demokratie in anderen Ländern. Wir fordern Toleranz und Wertschätzung gegenüber anderen Kulturen. Aber die männliche Geschlechterkultur, die lehnen wir in Gänze als falsch ab und fordern ihre Modifizierung und gar Beseitigung? Für mich passt das nicht zueinander.

Wir demonstrieren gegen Atomkraft, und Bauprojekte wie den Stuttgarter Bahnhof. Wir setzen uns gegen Massentierhaltung und für fairen Handel ein. Wir tragen Biokleidung und Frösche über die Straße, suchen ein Leben im Einklang mit der Natur – und legen zwischenmenschliche Brandsätze? Um authentisch zu bleiben, dürfen wir nicht aufhören auch zwischen Mann und Frau fair für ein friedvolles Miteinander zu sorgen. Der Geschlechterkampf ist das schlechteste aller Mittel.

Das Wort ´Geschlechterkampf´ beinhaltet nämlich ein gerütteltes Maß Radikalisierung und Ideologisierung und davon hatten wir im vergangenen Jahrhundert wahrlich genug. In einem Kampf geht es doch darum zu obsiegen und dem Anderen eine Niederlage zu verpassen. In einem Krieg der Geschlechter kann es also nur Verlierer geben und es werden Opfer zu beklagen sein. Doch anstatt aus zwei Weltkriegen gelernt zu haben, aus denen traumatisierte und zerstörte Männerkörper nach Hause zurückkehrten, haben Frauen einen neuen Kriegsschauplatz eröffnet, den Geschlechterkampf. Hinter jeder Hausecke könnte dieser Feind lauern und sich sogar seinen Weg ins Ehebett ebnen. Die Täterschaft des Mannes und damit die Opferschaft der Frau, haben wir nun schon solange gepflegt, dass man sagen könnte jedes Kind hat sie bereits mit der Muttermilch einsaugt. In mein Weltbild passt diese Männer verachtende Denk- und Vorgehensweise heute nicht mehr.

Viele Jahre lang habe ich leider nicht erkannt, welche Destruktivität hinter den Worten ´Geschlechterkampf´ und ´Selbstverwirklichung der Frau´, stecken kann. Ich habe mich in gewisser Weise sogar von kriegerischen Amazonen instrumentalisieren lassen. Damit hat sich eine Ideologie in mein Leben geschlichen, die eine Frau hartherzig und grob gegenüber Männern und Kindern werden lassen kann. Vielleicht führte dieser emotionale Geiz sogar zum Anstieg der Scheidungszahlen. Es ist bekannt, dass der Wunsch auf Trennung oder Scheidung meist von der Frau ausgeht und es viele Männer eiskalt erwischt.

Diese Ideologie der einseitigen Parteilichkeit für Frauen schürt die weibliche Ängstlichkeit gegen einen imaginierten männlichen Feind, sie fördert einen Kampfgeist zu Tage der die Freuden des Alltages überlagert, Individuen mürbe und die Gesellschaft krank machen kann. Letztlich stört diese Denke den sozialen Frieden in unserem Land. Und es wunderte mich nicht, wenn eine Männerbewegung in Versuchung geriete mit gleicher Münze zurückzuzahlen.

Ich behaupte, dass viele Frauen durch die Frauenbewegung in einer Sackgasse gelandet sind, womöglich weiterhin einen Irrweg einschlagen und unter Umständen junge Menschen sogar mit ins Verderben ziehen könnten. Es wird Zeit, dass wir uns und unsere Kinder aus dieser Umklammerung der einseitigen Parteilichkeit für Frauen befreien.

Seitdem auch Frauen als Soldatinnen traumatisiert aus dem Krieg kommen, beschäftigt man sich mit der Bewältigung von Kriegstraumata. Früher haben Soldaten oft über den überstandenen Krieg gesprochen oder sich in Schweigen gehüllt. Darüber reden kann aber heilsam sein. Lassen Sie uns also über den Geschlechterkampf und seine möglichen Auswirkungen reden. Aber auch darüber, warum und wie wir diesen Kampf beenden können. Ich gebe zu kein leichtes Thema. Mein Vortrag könnte Erinnerungen und Gefühle hervorrufen, da Dinge angesprochen werden, die allzu oft vorkommen und allzu menschlich sind. Wir können diese Gefühle zulassen, Gedanken zu Ende denken und unsere ganz persönlichen Schlüsse daraus ziehen.

Ich darf gestehen, dass mich meine derzeitigen Erkenntnisse einiges gekostet haben, sogar meinen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst. Auch Sie mag es einiges kosten, sich meinen Argumenten und Thesen zu stellen. Es ist mir nicht leicht gefallen, mich aus diesem katastrophalen Denken zu befreien und die kriegerische Haltung gegenüber Männern aufzugeben. Dazu bedurfte es eines längeren Prozesses, denn meine Sozialisation als Frau war auch durch Frauenbewegung und Feminismus geprägt. Ich würde sogar so weit gehen, von einer ideologischen Indoktrinierung durch andere Frauen zu sprechen, der ich nachgegeben habe.

Menschen wie Alice Schwarzer und ihre Anhängerinnen sind an dem heutigen Stand der Beziehungsqualität zwischen den Geschlechtern maßgeblich beteiligt. Ereignisse wie die Durchsetzung des § 218, aber auch das was man ´Frauenbewegung´ und ´Feminismus´ nennt, haben zur Verschlimmerung beigetragen. Denn selbstverständlich war ich, als Frau dieser Jahrzehnte, begierig darauf, die Vorteile und die Macht, die sich mir da vor die Füße legte, aufzugreifen und für mich und meine Selbstverwirklichung nutzbar zu machen. Wie etliche Frauen inhalierte ich die Heilsbotschaften, die von der Frau als dem besseren Menschen kündeten. Für die Interessen der Männer war wenig oder gar kein Platz. Sie wurden ausgeschlossen aus der Debatte und vor die Türe gesetzt, wenn wir uns in unseren, oft staatlich subventionierten Schutzräumen, trafen.

Heute sitzt so manche frauenbewegte Frau oder Feministin der ersten Stunde auf ihrem frauenpolitischen Pöstchen und an wichtigen Schnittstellen jener Fachgruppen, die gesellschaftlich ihren Einfluss geltend machen können. Dort verteilen sie ihr Wissen und ihre Ressourcen, oft einseitig parteilich an Frauen. Diese Querulantinnen müssen ausfindig gemacht werden, um ihnen Einhalt zu gebieten.

Solche Geschlechterkämpferinnen kämpfen auch nach Jahren noch unermüdlich weiter, damit ihr Weltbild nicht zerbricht. Das tut mir Leid für jene Frauen. Aber ich möchte ihnen dennoch sagen: Der Kampf ist aus!

Noch heute setzen sie sich z.B. für die Beschneidung aller Männer ein und sind im gleichen Atemzug doch gegen die Beschneidung von Frauen. Darin sehen sie keinen Widerspruch. Sie wollen nicht das Ölfelder nach Frauen benannt werden, weil sie einen Zusammenhang herstellen zwischen dem Beischlaf von Frau und Mann und den Bohrungen auf einem Ölfeld.

Sie behaupten unermüdlich man müsse Jungen in ihrer Rolle verunsichern, damit sie keine Patriarchen werden und arbeiten auf vielen Ebenen aktiv daran, dieses Ziel zu erreichen. Sie behaupten der Mann sei der Feind der Frau und der Penis eine gegen Frauen gerichtete Waffe, die es zu überwältigen gilt. Feministische Hooligas schlagen in Foren sogar vor, man müsse männliche Säuglinge aus dem Fenster werfen.

Diesen Amazonen fällt es leider allzu leicht mit ein paar Worten die männlichen Gleichstellungsbedürfnisse und Menschenrechte vom Tisch zu fegen, denn ihnen stehen inzwischen jede Menge Totschlagargumente zur Verfügung. ´Wenn du nicht augenblicklich aus dieser Wohnung verschwindest, dann rufe ich die Polizei an und sage du hast mir gedroht, mich geschlagen und beschimpft´, sagt eine junge Frau zu ihrem Freund, der daraufhin sang- und klanglos die Wohnung verlässt.

Ich behaupte, dass es dem radikalen Teil der Frauenbewegung gelungen ist, die Kastration des Mannes weit voranzutreiben und sich bereits viele Frauen dieser Möglichkeit bedienen.

Die Argumentationen solcher Frauen und Frauenbünde klingen in meinen Ohren weitgehend Männer diskriminierend, dabei zeitweise brutal und tendenziell irre. Das Denken und Handeln solcher Frauen ist weitab von der gelebten Wirklichkeit und dem, was unserer Welt im 21. Jahrhundert gut anstünde. Darüber gilt es zu reden, damit junge Frauen und Männer dieser feministischen Bauernfängerei nicht weiter zum Opfer fallen.

Doch damals, als junge Frau in den 1970´ ern fand ich es toll mit Frauen zusammenzusitzen und darüber zu diskutieren, wie wir die Welt verbessern könnten. Hatte es nicht Charme, im Mann einen Bösewicht ausfindig gemacht zu haben, über den man nun reden und auch lästern konnte. Einen Schuldigen der für die eigenen Defizite herhalten musste. Wäre eine Welt von Frauen für Frauen nicht ein großes Glück? War es nicht cool gemeinsam mit Geschlechtsgenossinnen Strategien zu überlegen, wie dieser Feind im Bett, der ewige Unhold, zu kultivieren oder auszumerzen sei?

Es gab und gibt so viele Berichte darüber, wie schwer das Leben von Frauen sein kann, dass es an der Zeit schien hiermit endlich Schluss zu machen. Solche Berichte und Aussagen werden noch heute gehegt und gepflegt und dabei vergessen wir, von dem Guten im Manne zu erzählen, ja wir verleugnen diese gute Seite sogar. Stark, selbstbewusst und selbstverwirklicht, das sollte persönliches und allgemeingültiges Ziel für Frauen sein.

Es war verlockend mit dem § 218 die ´licence to kill´ erhalten zu haben und damit gemeinsam mit meinen Schwestern, Herrinnen über Leben und Tod geworden zu sein. Ein erwachsener Mann berichtet mir davon Glück gehabt zu haben. Wie ihm seine Eltern vor kurzer Zeit erzählten, gab es eine Schwangerschaft vor und eine Schwangerschaft nach ihm, die per Abtreibung beendet wurden. Drei Jahre vor ihm fühlte sie sich nicht reif genug, drei Jahre nach ihm vermutet der Sohn einen Seitensprung seiner Mutter, der aus dem Leben geräumt wurde. Wer redet mit den Kindern die leben dürfen, über diese toten Geschwister? Wie verarbeiten sie diese Schicksalsschläge und welches innere Bild entwerfen Kinder, wenn sie von abgetriebenen Brüdern und Schwestern erfahren? Heute fühle ich mich von den Menschen, die die damalige Kampagne im Stern für den § 218 initiierten und unterstützten, schwer hinters Licht geführt.

Die verniedlichende Beschreibung ´mein Bauch gehört mir´ erscheint mir heute im Konzept der Geschlechterverhältnisse und im Hinblick auf deutsche Geschichte eine tragische Bagatellisierung von Tötungsdelikten zu sein. Die Debatte um den § 218 muss meines Erachtens weiter geführt werden, es bedarf eines update. In den vergangenen 40 Jahren ist viel Wissen hinzugekommen. Wir können die Vaterschaft bereits im Mutterleib bestimmen. Wir können Säuglinge für Dritte austragen. Wir können Leben erhalten, das nicht mehr wiegt als ein Paket Mehl. Wir töten Leben, das leben möchte und ein Gewinn für unsere Gesellschaft sein könnte. Für mich passt das nicht zusammen.

Mir ist aufgefallen, dass Frauen häufig geringere Strafen für die Tötung von Säuglingen und Kindern erhalten und Schutzbehauptungen Dritter diese Milde walten lassen. Männer will man hingegen schnell für lange Zeit hinter Schloss und Riegel sehen, wenn sie das Gleiche tun.

Ich behaupte, dass die Frauenbewegung ihre guten Gedankenansätze an einen ideologischen und radikalen Feminismus verhökert hat. Es ist dringend notwendig, dass eine Mehrheit der Frauen sich davon deutlich distanziert und damit wichtige gesellschaftliche Entwicklungen, wie z.B. den umfänglichen Ausbau des Kinderschutzes, endlich möglich macht.

Wenn wir aber bei dem Begriff des ´Geschlechterkampfes´ verharren wollen, um das derzeitige Miteinander von Frauen und Männern zu beschreiben, wenn wir uns in Wort und Tat so verhalten, als sei Krieg, dann bleiben wir holzschnittartig, abgehakt im Groben stecken. Frauen könnten dabei vielleicht sogar dass werden, was sie Männern einst vorwarfen und im schlimmsten Fall ungerechte, überhebliche, arrogante, grobe und selbstsüchtige Herrscherinnen über das männliche Geschlecht werden.

Im Geschlechterkampf verlieren wir Frauen ja womöglich den Blick für die Feinheiten, das Schöne, das Zarte und Wohlwollende, letztlich gar die Liebe zwischen Menschen, Männern und Frauen. Von einer neuen Poesie in der Beziehung von Mann und Frau zu sprechen kann auf Wirkungen zwischen den Geschlechtern aufmerksam machen, die sich dem derzeitigen Sprachgebrauch der Beschreibungen der Verhältnisse zwischen Menschen, entziehen. Wahrscheinlich vernachlässigt ein Teil unserer Gesellschaft diesen wohlwollenden Blick auf Männer seit Jahrzehnten. Geschürt wird stattdessen ein unnötiges Feindbild. Ich wünsche mir, dass mit diesem Geschlechterkampf endlich Schluss ist, deshalb habe ich mein Buch ´Die Gleichberechtigungsfalle´ mit dem Satz ´Wir wollen keinen Geschlechterkampf mehr´ beendet.

Ich möchte behaupten, dass der weitaus größere Teil unserer Gesellschaft mit diesen männerverachtenden, kindermissbrauchenden feministischen Intrigen nicht konform geht und auf Veränderung hofft.

Für Männer und Väter spreche ich, weil es für sie besonders schwer zu sein scheint über diese Diskriminierungen durch Frauen zu reden. Wenn Männer vereinzelt den Mund aufmachen, dann finden sie wenig Gehör. Ein junger Malergeselle, der sich als unehelicher Vater um die Beziehung und den Umgang mit dem Kind bemüht, sagt mir einmal: ´Wenn man eine Frau kritisiert, heißt es gleich man sei gegen Frauen.´ Ein anderer Vater, der trotz gesundheitlicher Probleme auf einer Demo für Väterrechte mitmarschierte, erzählte mir, dass es schon vorgekommen sei, dass Frauen am Rand der Demo auftauchten, Männer ausbuhten und Backpfeifen verteilten oder Schläge androhten. Unsere Jungen und Männer benötigen inzwischen Beistand, das ist mir mittlerweile nachdrücklich klar geworden.

Es braucht nicht viel, um einen Krieg zu beginnen, ihn zu beenden ist deutlich schwerer. Es bedürfte womöglich eines unabhängigen Dritten, der angerufen werden müsste, um unparteiisch zu vermitteln. Viele Akteure sind allerdings im System verstrickt und nicht wenige verdienen an dieser Verstrickung sogar.

Ich behaupte, dass wir Frauen auf diesem Männer diskriminierenden Weg bereits zu weit vorangeschritten sind und uns dringend fragen müssen, ob wir die Unterdrückung und Verächtlichmachung des Mannes weiterhin aktiv betreiben wollen.

Der von gewissen Frauenkreisen initiierte gesellschaftliche Diskurs richtet seine starken Waffen deutlich gegen den Mann. Das hat aus den vermeintlichen patriarchalen Tätern längst Opfer gemacht. Das männliche Geschlecht leidet zunehmend in diesem Kampfgetümmel und unter dieser allgegenwärtigen, verzerrten, männerdiskriminierenden Sicht. Ich finde mittlerweile das Schweigen einiger Männer beredt. Die nicht selten kläglichen Versuche des Widerstandes rühren mich. Ich bewundere die wenigen Helden, die es wagen sich dem frauenbevorzugenden Goliath in den Weg zu stellen.

Manche Männer nutzen die legitimen Rechtsmittel, rufen Gerichte an, schreiben Petitionen, klagen bis hin zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, um auf strukturelle oder individuelle Diskriminierung aufgrund ihres männlichen Geschlechtes aufmerksam zu machen. Viele zerbrechen daran und die Politik reagiert zeitverzögernd.

Bildung trägt viel dazu bei, dass Männer sich verständlich machen können und damit ihre Beschwerden reduzieren. Der so zahlreich ungebildete männliche Nachwuchs wird seine Ausbeutung und Verächtlichmachung womöglich klaglos hinnehmen. Ein ganzes Heer unterbezahlter Leiharbeiter arbeitet europaweit und fern der Heimat für ein paar Euros. Ich kenne einen 30 jährigen, der das für sich nicht mehr hinnehmen will und dafür auf staatliche Leistungen und Versicherungsschutz verzichtet.

Ich habe einige, auch im Herzen gebildete Männer kennengelernt, die sich für eine neue Sicht auf die Geschlechterdebatte einsetzen und dafür riskieren ihre Reputation zu verlieren.

Wenn ich also heute zur Poesie der Rollenverteilung spreche, dann rede ich nicht wie üblich einseitig parteilich vor Frauen über Frauen und den Frauen um den Mund, sondern ich spreche wo und wie ich kann von Männern und eigentlich im Kern vom Frieden zwischen den Geschlechtern im Interesse unserer Kinder.

Ich behaupte, dass nur gestärkte Väterrechte der Mutterboden sind, auf dem Kinderrechte heute eine Überlebenschance haben.

Die Dramatik einiger Geschichten von Vätern und Kindern nach Trennung und Scheidung scheint mir unmittelbares Resultat des Geschlechterkampfes zu sein. Dieser Kampf erzielt an dieser Stelle Spitzenwerte an Destruktivität, weil das Zusammenspiel der weiblichen Akteure, durch zahllose Wiederholung und ebenso viele Erfolgsmeldungen, wie im Schlaf klappt.

Ich kann längst nicht mehr glauben, dass es sich bei den betroffenen Männern um Einzelschicksale irgendwelcher Problem beladener Mannsbilder handeln kann, sondern erkenne in den zahlreichen Erzählungen von Vätern strukturelle Diskriminierung durch Staat und Frauen. Gleichzeitig nehme ich wahr, dass die betroffenen Männer, sehr oft allein gelassen werden und kaum auf Schützenhilfe hoffen können. Im Gegenteil. Sie werden zu oft in einen Sumpf gestoßen, aus dem sie nicht einmal mit fremder Hilfe wieder herauskommen.

Ich höre von ihr selbst, dass die Mutter den Säugling im Kinderwagen ohne Blickkontakt, aber mit einem Zettel über Nahrungsaufnahme und Schlafgewohnheiten unter der Bettdecke, widerwillig an den Vater weiterreicht. Ein Mann erzählt, dass er mit zwei Kleinkindern vor der Haustüre im strömenden Regen stehengelassen wird, die Mutter auch nicht bereit ist, die vorhanden Autokindersitze herauszugeben. Ein anderer berichtet, wie er am Lenkrad sitzend von der stehenden Frau geschlagen wird, obwohl das Kind auf seinem Schoß sitzt.

Der Gesetzgeber verbietet Eltern seelische oder körperliche Misshandlung und meist erziehen wir unsere Kinder heute nicht mehr autoritär, sondern tendenziell gar nicht mehr. Der Ruf nach Ganztagsbetreuung untermauert unsere elterliche Bankrotterklärung. Doch gewisse Kreise sehen in der Ganztagsunterbringung von Kindern in Betreuungs- und Bildungseinrichtungen einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Gleichberechtigung der Frau und beharren auf dieses Recht.

Die Situation vieler Kinder macht mich traurig. Ich frage mich, ob das Kinderzimmer nicht längst zum Kampfplatz eines Einzelkämpfers geworden sein könnte? Kann es sein, dass Kinder schon von klein auf in einer Art Selbsthilfegruppe gleichaltriger kaserniert werden? Sind sie von Vater und Mutter verlassen, weil diese ihre Selbstverwirklichung in der Arbeit sehen?

In 2007 begann die sogenannte Krippenoffensive und 2008 wurde das Kinderförderungsgesetz verabschiedet. In Kürze gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr.

Sind wir auf eine so massive Veränderung für uns und unsere Kinder vorbereitet? Wie wird es zukünftig um die Gesundheit unserer Kinder stehen? Welche Auswirkungen wird diese umfängliche Tagesbetreuung auf das Familienleben und unsere Gesellschaft haben?

In Quebec wurde ein umfassendes Betreuungsangebot eingeführt und evaluiert. Es kam erwartungsgemäß zu einer Zunahme der Erwerbstätigkeit, jedoch überstiegen die Subventionskosten das Steueraufkommen. Gleichzeitig stellte man eine Zunahme von Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit und Aggressivität bei den Kindern fest. Man nahm eine Verschlechterung sozialer und motorischer Kompetenzen wahr und ebenso eine Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustandes der Kinder.

Befunde zeigen, dass signifikante Unterbrechungen der mütterlichen Fürsorge im sehr jungen Alter Auswirkungen haben. Frühe Stresserfahrungen werden gespeichert, es gibt ein Stressgedächtnis. Stress schädigt bestimmte Hirnbereiche und die Amygdala wird bei Dauerstress immer größer, ein body building für sie ist der Stress. Also reagieren wir mit vegetativen Symptomen.

Sicherlich haben solche Veränderungen bei Kindern auch Effekt auf die Eltern. Bei ihnen kommt es zu einer feindseligen und inkonsistenten Erziehung, schlechterer psychischer Gesundheit. Mütterliche Depressionen und geringe Beziehungszufriedenheit der Frauen wurden ebenfalls festgestellt.

Ein weiterer erzählt von einer Frau, die im Streit ein Messer wirft, dass in seinem Rücken landet, während er selbst dem Arzt von Nägeln in der Wand erzählt.

Mich erinnern die zahllosen Berichte von Männern sehr eindringlich an Berichte von Frauen, denen Gewalt angetan wird und ich stimme mit Erin Pizzey der Begründerin der Frauenhausbewegung überein, dass Gewalt keine Frage des Geschlechtes ist und Männer und Frauen darin gleichermaßen begabt sind. Ein erwachsenes Scheidungskind erzählt mir, wie die Mutter mit dem Regenschirm auf den Vater einprügelt und der Junge selbst Opfer dieser weiblichen Gewalt wird, als die selbe Frau ihm nach der Trennung einen Teller heiße Suppe über den Kopf schüttet.

Pizzey steht mit ihrer Beurteilung über die von Frauen und Männern ausgeübte Gewalt, keinesfalls allein da. Murray und Strauss und zahlreiche andere Wissenschaftler haben darüber bereits vor Jahrzehnten berichtet und in aller Welt veröffentlicht. Wenn man jedoch in Deutschland solches Wissen preisgibt, dann wird einem der Garaus gemacht.

Manch ein mutiger Mensch hat den Kopf schnell wieder zurückgezogen, nachdem ihm ein solcher Satz gelungen ist. Seitdem er zurückgepfiffen wurde, spricht mancher nur noch hinter vorgehaltener Hand oder verweigert jede weitere Aussage dazu. Das nennt man dann die Freiheit der Wissenschaft. Die Geschlechterkämpferinnen und ihre Genossen scheinen seit Jahrzehnten eine schwer zu brechende Meinungshoheit für sich gewonnen zu haben. Wer oder was ihnen nicht ins Bild passt kann beseitigt werden, wie ein unerwünschtes Kind.

Ich behaupte, dass wir in Deutschland wissenschaftliche Befunde unterdrücken, die das frauenverherrlichende Weltbild beschädigen könnten und von einer offenen Diskussion in der sorgenannten Geschlechterfrage weit entfernt sind. Der Paradigmenwechsel wird auf allen Ebenen und mit allen Mitteln umgangen. Menschen, die eine konstruktive Vorreiterrolle einnehmen könnten, Dinge in Frage stellen oder darüber reden wollen, werden verteufelt und an den Pranger gestellt.

In Deutschland ist man heute durchschnittlich 14,5 Jahre verheiratet. Vor 200 Jahren dauerte eine Ehe dagegen im Durchschnitt nur 7 Jahre, dann starb einer der beiden Eltern und hinterließ nicht selten eine erkleckliche Anzahl von Halbwaisen. Das war auch die Zeit, in der die Industrialisierung die Muskelkraft und Gesundheit unserer Männer ausbeutete, sie kaputt und mürbe machte. Die Einführung der Wehrpflicht machte diese Männer bereits in jungen Jahren zu Kriegssklaven der jeweiligen Obrigkeit. Damals brachen die gesellschaftlichen Verhältnisse dem Mann das Genick. Heute sind es politische Wunschträume, die mit den Worten, ´wenn wir eine menschliche Gesellschaft wollen, müssen wir die männliche überwinden´, eine heile Welt beschwören wollen. Mir ist aufgefallen, dass die SPD bei Fernsehauftritten nur noch im Logo rot ist, während im Bildhintergrund deutlich Pink schimmert.

Nach dem Ersten Weltkrieg stieg die materielle Unabhängigkeit von Frauen und sukzessive auch ihre rechtliche Gleichberechtigung. Das wurde, kaum hinterfragt, aber als Emanzipation der Frau und nicht als Resultat der guten wirtschaftlichen Lage oder womöglich auch als vorübergehender Luxus durch wirtschaftliche Unabhängigkeit begriffen.

Seit 1980 haben wir sinkende Geburtenzahlen und die Zahl der Eheschließungen, der hohen Scheidungsraten und der geringen Kinderzahl bleibt relativ stabil. 85 % der Minderjährigen aus Westdeutschland und 76 % der Minderjährigen aus dem Osten Deutschlands wachsen dennoch bei beiden Elternteilen auf. Das vergisst man schnell mal, wenn man Erwachsene von Patchworkfamilien und den Vorzügen ein Trennungskind zu sein, schwärmen.

Seit 1990 erhöht sich die Zahl von Scheidungskindern. Bei Trennung werden schwierige Affekte freigesetzt und sie sind für viele Menschen wie ein Super-GAU. Die Vision eines gemeinsamen Lebens muss aufgegeben werden, das setzt auch Angst frei. Scheidung führt auch zu Streit und tendenziell wird dann das wahrgenommen, was den eigenen Interessen und der eigenen Stabilisierung hilft.

Bei etwa der Hälfte der Scheidungen ist die Ehe kinderlos geblieben. Jedes 6. bis 7. Kind wird aber Trennungskind sein. Jeden Tag kommen, halten Sie sich fest, etwa 500 Kinder hinzu und in 10 % der Fälle verlaufen Trennung und Scheidung hochstrittig.

In sogenannten ´Einelternfamilien´ aufzuwachsen stellt für ein Kind ein nicht unerhebliches Gesundheitsrisiko dar. Glauben sie mir, auch die Gesundheit der Eltern leidet und der soziale und emotionale Absturz kommt unvermeidlich, wie der Kater nach einer durchzechten Nacht.

Solche Belastungen sind unstrittig, was jedoch kaum zu umfassenden unideologischen Kinderschutzmaßnahmen führt. Im Gegenteil verfällt man der Illusion, man müsse es der Mutter nur möglichst leicht und bequem machen, damit es dem Kind gut gehen kann.

Obwohl, oder vielleicht gerade weil, der Gesetzgeber die Scheidung liberalisiert hat und es kein Schuldprinzip mehr gibt, erleben wir dennoch eine Verschärfung im Scheidungsgeschehen. Ein neuer Partner kann Belastung aber auch Ressource sein. Von beidem muss die Rede sein dürfen. Das Beziehungen zwischen Mann und Frau, Vater und Kind und Mutter und Kind nicht justitiabel sind wird wohl kein Ammenmärchen sein. Wenn Eltern vor Gericht ziehen, dann weisen sie einen hohen Grad an Regressivität auf. Sie erwarten vom Richter, dass er für sie entscheidet und ihnen nun sagt was jetzt zu machen ist. Sie sinken herab auf das Niveau von Minderjährigen, denen Reife und Erfahrung fehlt und geben Autonomie ab.

Das ist vielleicht nachvollziehbar, weil uns ja tatsächlich die Erfahrung fehlt, richtig wird es dadurch dennoch nicht. Es mangelt an Ritualen, die Trennung und Scheidung für alle davon Betroffenen ertragbar macht. Es mangelt an guten Vorbildern, weil diese eben nicht ins öffentliche Bewusstsein gebracht werden. Stattdessen erschüttern sieben Totschlagereignisse in einer Woche, die mir wie Kamikazeflüge des Geschlechterkampfes vorkommen. All dieses Wissen und solche Dramen im Beziehungsalltag müssten auf dem Hintergrund eines Geschlechterkampfes doch für Alarm sorgen und zu Sofortmaßnahmen führen. Wo bleiben die Bereitschaft zu Friedensverhandlungen und der Ruf nach Waffenstillstand? Wie viele Opfer wollen wir denn noch hinnehmen?

Mit Einführung des § 218 wurde eine Beratung der schwangeren Frau verpflichtend. Das führte zur flächendeckenden Einrichtung von entsprechenden Beratungsstellen. Heute benötigen wir flächendeckende Beratungsstellen, die Männer, Jungen und Väter unterstützen, denn sie sind Kriegsversehrte, sie sind Opfer des Geschlechterkampfes geworden.

Ich behaupte, dass die einseitige Förderung und Subvention von Frauen durch einen Mann oder Vater Staat deutlich zu Lasten der Gesundheit unserer Kinder geht. Auf diese Weise wird die Emanzipation der oft auf lange Sicht protektierten Frauen kaum voranschreiten.

Es ist unklar, wie viele der in nicht unerheblichem Ausmaß Frauen fördernden Subventionen durch den Ex-Partner und Vater des Kindes oder durch den Staat, am Ende tatsächlich beim Kind ankommen. Deutlich sichtbar ist für mich jedoch, die prinzessinnenhafte Regression in die Frauen mit Kind verfallen können. Ich habe unter Emanzipation niemals verstanden mir ein Kind zu verschaffen und mich an die finanzielle Nabelschnur eines Mannes oder des Staates zu hängen. Es sollte für Frauen selbstverständlich sein für ihr eigenes Auskommen sorgen zu müssen und nur in freiwilliger Absprache und gegenseitigem Einvernehmen und nur in Ausnahmesituationen und eng begrenzten Zeiträumen Unterhalt für sich zu erbitten.

Ich verstehe nicht, warum Samenklau in der Besenkammer einer Frau jahrzehntelange Alimente einbringt, aber keine Bestrafung. Wer sich so verhält hat Dreck auf der lila Weste und gibt ein klägliches Bild von Emanzipation und eigenem Charakter ab.

Ein fast 70 jähriger Ex-Ehemann zahlt noch heute regelmäßigen Unterhalt an eine Frau, mit der die Ehe kein Jahrzehnt währte, er kann sich und den knapp minderjährigen Sohn kaum über Wasser halten. Ein 60- jähriger Ex-Ehemann überweist einer teilzeitbeschäftigten Erzieherin immer noch regelmäßig Geld, obwohl die Kinder bereits über 30 Jahre alt sind und eigenes Einkommen haben. Ein 30- jähriger Akademiker wird soeben von einer Frau derart geschröpft, dass ihm selbst kaum etwas zum Überleben bleibt. Sie fordert durch ihre Anwältin 2.000 € Unterhalt für sich, damit sie den Lebensstandard, den ihr das Verhältnis mit dem Ehemann einbrachte weiter halten kann. Solche Frauen möchte man schütteln, damit sie zur Vernunft kommen. Was ist bloß los mit euch, Schwestern?

Jährlich werden 200 000 Kinder Zeuge einer elterlichen Trennung. 1/3 dieser Kinder verliert ungewollt den Kontakt zum Vater. Wer behauptet, ein Kind könne entscheiden, einen Elternteil nicht mehr haben zu wollen, der irrt. Ein solcher Mensch hat keine Ahnung von Kinderseelen und Kinderpsychologie. Mir scheint sogar, dass einer solchen Person die Empathie für Kinder weitgehend verloren gegangen ist.

Kinder, die einen Elternteil verlieren haben ein höheres Risiko zu erkranken, verhaltensauffällig zu werden. Mütter, die mit einem Kind allein leben geht es ebenfalls nicht gut, sie werden multimorbide. Das wissen wir längst, fördern aber die Ressource Mann und Vater kaum zu Tage. Jungen reagieren besonders stark mit Problemverhalten auf die Trennung ihrer Eltern.

Eltern sollten also besonders im Vorfeld ihrer Elternschaft beraten werden, denn wir können es uns längst nicht mehr leisten so viele Kinder in den fallen zulassen. Jeder Euro, den wir im Vorfeld und für Stärkung und Autonomie beider Eltern ausgeben wird sich vervielfachen und damit eine Rendite erzielen, von der Banker nur träumen können.

Ich behaupte, dass ein Ausfluss des ideologisierten und radikalen Feminismus die Zerstörung von Familien auf dem Rücken von Kindern ist. Diese Zerstörung beginnt mit der Verächtlichmachung alles Männlichen und endet mit Kinderfeindlichkeit auf höchstem Niveau.

Väter verschwinden massenhaft aus dem Leben der Kinder, nicht weil sie als Soldaten im Krieg geblieben sind oder ein Virus nur Männerleben dahinrafft. Sie verschwinden, weil weibliche Einzelpersonen, mit ihnen fraternisierende Berufsgruppen und staatliche Nichtbeachtung sie ausmustern. Das ist ein Großtrend der Flächen deckende Auswirkungen hat. Der Verlust von Bezugspersonen ist aber ein einschneidendes Geschehen und zieht eine hohe psychosoziale Belastung nach sich.

Die liebevolle dyadische Beziehung macht die Triade nicht obsolet, sondern sorgt eher dafür, dass Jungen sich aufblasen und in einer regressiven Versorgungshaltung verharren. Um der eigenen Angst Herr zu werden, gehen Jungen womöglich besonders hohe Risiken ein und überdecken womöglich ihre männliche Kleinheit mit übertriebenem Gehabe. Dafür spricht inzwischen so manches. Jungen haben eine komplexere, störungsanfällige Entwicklung, erst recht, wenn der Vater als Identifikationspartner fehlt. Es herrscht unter Jungen ein Koalitionsdruck der Loyalitätskonflikte auslösen und geringe Unterstützung zur Folge haben kann. Ein Junge muss das Liebesobjekt wechseln und es fehlen ihm Männer als Kommunikationspartner.

Man verbietet alle Symbole von Männlichkeit, was ein Drama für vaterlos aufwachsende Kinder sein kann. Bei schwacher Geschlechteridentität braucht es Unterstützung. In der Kindheit gibt es für Jungen einen gender gap, denn sie sind deutlich stressempfindlicher als Mädchen, sie suchen nach Selbstwirksamkeit und berechenbarer männlicher Geschlechtsidentität. ´Nach der Trennung meiner Eltern haben die in der Schule gemerkt, dass ich schwach und down bin, da wurde ich gemobbt´, erzählt mir ein erwachsenes Scheidungskind.

Der natürliche Bewegungsdrang von Jungen wird als pathologisch erachtet. Ihr sogenanntes ´männliches Verhalten´ wird gleichgesetzt mit Aggressivität, weshalb man die Jungen zu anderen Verhaltensweisen, mal mehr und mal weniger freundlich, zwingen will.

Es erhalten doppelt so viele Jungen wie Mädchen Ritalin, ein Medikament, dass unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Neulich sah ich einen Fernsehbericht über einen solchen Grundschüler. Er aß schlecht und wirkte auf mich nicht wie ein gesundes fröhliches Kind, dass man nimmt wie es ist und fördert wo man kann. Im Gegenteil wirkte dieser Junge ausgemergelt und wie neben sich stehend. Für viele Jungen ist Ritalin heute ein Anker, an den sie sich klammern und der dennoch nicht retten kann.

Es wird nämlich nicht helfen, männlichen Kindern Drogen einzuflößen, um sie ruhigzustellen. Es wird auch nicht helfen den Jungen eine besondere Boshaftigkeit und Unerzogenheit zu unterstellen. Die beste Medizin wird wohl sein, wenn Fachleute ihre Sensibilität für Väter stärken und aktive Vaterschaft unterstützen. Am meisten wird diesen Kindern wohl helfen, wenn Väter Vaterschaft leben dürfen. Es wird ihnen gut tun, wenn das dünne Band, welches die Natur einem Vater am Anfang gestattet zu einem Tau werden kann, an dem ein Sohn und eine Tochter halt finden können.

Ich behaupte, dass der von Frauen initiierte Geschlechterkampf nachhaltig Schäden bei Männern und Jungen hinterlassen hat und ein mögliches Ziel dieses Krieges tatsächlich nicht nur die Kastration sondern gar die Exekution alles Männlichen in unserer Gesellschaft sein könnte.

Herr Röll studierte an der Universität Frankfurt Soziologie sowie außerschulische Pädagogik und Erwachsenenbildung, war viele Jahre Bildungsreferent beim Institut für Medienpädagogik und Kommunikation (Frankfurt), promovierte über Mythen und populäre Symbole an der Universität Bielefeld und hat seit 1999 an der Hochschule Darmstadt eine Professur inne mit dem Schwerpunkt Neue Medien und Medienpädagogik. Er ist Autor zahlreicher Publikationen, die sich vor allem mit der Medienpädagogik beschäftigen.

„Social Media – wie Medien unsere Wahrnehmung, Kommunikation und Identität ändern“

Was machen Social Media mit uns? Dieser Vortrag soll beobachtend sein, nicht wertend. Wir wollen sehen, was gerade passiert.

Dass „Zukunft Angst macht“ ist keine neue Erfahrung, das war schon immer so. Die Einführung des Fahrrads, der Eisenbahn und des Autos– jeweils befürchtete man, dass die Menschen durch nicht gewohnte Geschwindigkeiten krank werden würden. 1787 war das viele Lesen, gefördert durch den Buchdruck, höchst suspekt. Auch das Theater wurde verteufelt (und dies schon zu Zeiten von Platon), weil Jugendliche möglicherweise das Spiel mit der Wirklichkeit verwechseln würden. Dasselbe galt für den Einfluss des Kinos: Kino würde die Phantasie vernichten.Und das Fernsehen würde mit seinen Gewaltszenen, die bei uns Hormone erzeugen, uns abhängig und selber gewalttätig machen. Beim Internet wird aktuell befürchtet, dass es eine digitale Demenz auslöst.

Jedes Medium verändert das Wahrnehmungsdispositiv der Nutzer, die Art und Weise des Sehens wird beeinflusst. Betrachten wir die Medien und was sie mit uns machen. Bei Theatervorstellungen geht unser Kopf mit, beim Kino dagegen gehen die Augen mit. Wir werden beim Kino immersiv von den Geschehnissen gefangen und entwickeln beim Zuschauen parasoziale Beziehungen mit den Akteuren.Beim Fernsehen ist es wieder anders, Fernsehen findet zuhause statt, wir verfügen über die Macht des Ein- und Ausschaltens, und wir können den Raum mit dem Fernseher jederzeit verlassen. Waren die ersten Fernsehgeräte noch ein Anstoß, sich zu treffen und gemeinsam ein (ausgewähltes) Programm zu verfolgen, so beschränkte sich dies mit zunehmender Verbreitung bald auf die einzelnen Familien. Und das Fernsehen kollektivierte auch, einzelne Sendungen waren Gesprächsinhalt beim Arbeitsplatz etc., man sprach darüber, weil viele diese Sendung gesehen hatten. Das änderte sich 1984 mit der Einführung der privaten Fernsehkanäle und der drastischen Erweiterung des Angebots. Fernsehen wirkt seitdem individualisierend, jeder schaut etwas anderes. Eine Diskussion des Gesehenen mit anderen findet kaum noch statt. Und es gibt keine gemeinsame Übereinkunft mehr über Inhalte und deren Interpretation. Individualisierung (und Singularisierung) statt gemeinsam geschaffene Erfahrung, die uns Orientierung geben könnte.

Interessant ist auch die Entwicklung der Dramaturgie und der Schnittfolgen bei gesendeten Filmen im Fernsehen. Betrachten wir „Denver Clan“ und vergleichen dies mit (dem späteren) „Miami Vice“, werden wir erkennen, dass der Schnitt viel schneller geworden ist und die Dramaturgie mehrere Höhepunkte aufweist. Wie das heutige Leben. Schon in den Zwanziger Jahren bemerkte Walter Benjamin, dass die Medien helfen, die soziale Wirklichkeit besser zu verstehen. Er stellte fest, dass das Prinzip des Schnittes im Film, die Montage, vergleichbar ist wie das Leben in Städten. Wer Filme gesehen hat, so Benjamin, ist besser in die Lage, in einer hektischen Stadt zu leben, weil er beim Filme sehen sich ein Dispositiv angeeignet hat, das ihm auch im Alltagsleben hilft. Hier wie dort muss man lernen verschiedene Erlebnisse und Erfahrungen, die in keinen direkten Zusammenhang stehen, im Kopf zusammenzufügen. Damals wie heute machen Filme (wie Medien überhaupt) uns fähig, die Herausforderungen des Lebens zu bewältigen. Die Medien wirken wie ein heimlicher Lehrplan, der unser Wahrnehmungssystem verändert.

Wie ist es nun mit dem Internet? Das Internet unterscheidet sich – abgesehen von seinen Möglichkeiten zur Kommunikation mit anderen Menschen – von allem anderen darin, dass wir jederzeit und problemlos eine Gratifikation durch das Drücken der Return-Taste bekommen (Glück durch Klick). Im Internet gibt es keinen Abschluss des Diskurses – man weiß nie, wann man fertig ist. Zudem bekomme ich Antworten auf Fragen, die ich gar nicht gestellt habe. Das Internet fördert die Individualisierung wohl mehr als jedes andere Medium. Ich sitze alleine vor dem PC, und suche mir alleine meine Inhalte aus. Damit werden auch bisherige gesellschaftliche Rollen fraglich, ohne Beziehung zu einem allgemein gültigen Kontext mischt sich jeder seine eigene subjektive Mischung. Statt klarer Rollenverteilung oder Objektivität entsteht ein individuelles „Mashup“. Andererseits werden die Einzelnen im Internet durch die Reaktionen anderer auch beeinflusst. Jugendliche können in unterschiedlichen Portalen, Sozialen Netzwerken (wie Facebook) lernen, wie sie auf andere wirken. Durch die Reaktion der anderen modelliert sich auch ihr Verhalten. In unterschiedlichen Netzwerken können Sie unterschiedliche Rollen erproben und so lernen welche Vielfalt in ihnen ist. Zugleich können sie im Internet Personen finden, die ähnliche Interesse und Bedürfnisse haben.

Wie wirkt sich das auf Jugendliche aus? Die Mediensozialisation beginnt heutzutage bereits früh, schon bei 12-jährigen hat das Internet die Funktion eines Beziehungsmedium, d.h. die gemachten Erfahrungen im Alltagsleben werden im Internet kommuniziert. Die Reaktionen darauf führen zu schwachen Beziehungen. Da Inhalte, Aussagen und Informationen bewertet werden können durch Kommentare oder den Like-Button und zugleich bekannt ist, wer die jeweilige Wertung gemacht hat, werden Fakten immer auch verbunden mit Personen. So werden Informationen von Freunden von Freunden eher geglaubt als Informationen von öffentlichen Institutionen. Die Rezeption von Webinhalten geht nur selten in die Tiefe, man flaniert durch das Web, damit entsteht eine zerstreute Rezeption. Zugleich verfügen Jugendliche über die Fähigkeit der focussierenden Konzentration, d.h. wenn ein Aspekt auftaucht, der sie interessiert, sind sie in der Lage, sich augenblicklich zu konzentrieren.

Um das Interesse von Jugendlichen (von Seiten der Eltern etc.) anzusprechen, also den Focus ihrer Aufmerksamkeit zu wecken, müssen „Ich-Botschaften“ gesendet werden, Botschaften, die das einzelne Ego identifizieren kann. Emotion und Beziehung sind wichtig, ansonsten besteht die Gefahr, dass Eltern und Pädagogen ab einem gewissen Alter der Jugendlichen kaum noch Chancen haben, sie zu begleiten.

Früher bildeten Glaube, Politik und Familie in der Regel einen konstanten Orientierungsrahmen für eine konsistente Ich-Bildung. Durch den Verlust der traditionalen Bindungen wird die Identitätsfindung für Jugendliche immer schwieriger. Jugendliche denken daher in der Regel anders als Erwachsene, die in traditionalen Kulturen aufgewachsen sind. Die Identitätsbildung erfolgt durch die konkreten Erfahrungen im sozialen Alltag, vor allem im Austausch mit der Peer Group, der Gruppe der Gleichaltrigen und deren Konsummuster.

Was bedeutet dies für die Identitätsbildung der jungen Menschen? Bei Mead und Habermas bildet der soziale Rahmen die Ausgangsbedingung für die Identitätsbildung. Gesellschaftliche Normen oder allgemein moralische Prinzipien gelten als Orientierung für die Suche nach Zustimmung. Identität beinhaltet nach Habermas zwei Aspekte: Intersubjektivität = die gesellschaftliche Dimension der Identitätsbildung und Intrasubjektivität = die Verständigung mit sich selbst, durch die bewusst gemachte eigene Biografie. Waren nun früher vor allem sprachliche Verständigungen mit anderen – vorzugsweise in der Familie oder im nahen Bekanntenkreis – vordergründig, so bieten heute Medienerfahrungen neue wichtige Erlebnis-, Erfahrungs- und Reibungsformen. Reale und fiktive Personen in den Medien und im Internet sind zu wichtigen parasozialen Begleitern und zum vordergründigen sozialen Referenzsystem geworden.

Für Jugendliche gilt es nun, aus einer Vielfalt von Handlungsstrategien, Wertemustern und Lebensentwürfen und damit Identitätsfragmenten eigenverantwortlich (oder alleingelassen?) auszuwählen. Die Konstituierung einer stabilen Ich-Identität ist eine Herausforderung, die nicht ohne weiteres erreicht werden kann, eher entwickeln sich fragmentarische Identitäten. Heiner Keupp spricht von der Patchwork-Identität. Es ist daher von Teil-Identitäten auszugehen, die sich immer wieder neu zusammensetzen und weiterentwickeln. Gerade die Medien bieten Anknüpfungspunkte, die eigene Identitätsbildung in Form einer Selbstnarration eigenständig zu beeinflussen. Aus diesen Gründen beinhalten im Internet zwangsläufig die eigenen Beiträge vor allem auch Aspekte einer Identitätspräsentation. Es gibt einen Drang nach dem Wahrgenommenwerden im virtuellen Raum: Ich poste, also bin ich. Was zunehmend zur Frage führt, ob die im Web (meist sehr positiv) präsentierte Identität mit der realen übereinstimmt bzw. einigermaßen in Deckung zu bringen ist. Interessant ist der Ausspruch eines Lehrlings hierzu, der meinte, man müsste heutzutage „professionell schizophren“ sein, um in der Welt klar zu kommen. Jedenfalls war es wohl noch nie so schwierig, eine stabile Identität aufzubauen, da die Teilidentitäten instabil sind. Identitätsbildung wird zu einem lebenslangen, offenen Prozess.

Diese Nicht-Festigkeit der eigenen Identitätsbildung überträgt sich auf die Art, wie Jugendliche Beziehungen eingehen, pflegen und auffassen. Mit der Explosion der Kommunikation im Netz (Chat-Rooms, Emails, Foren, Twitter, Facebook etc. etc.) geht eine hohe Vernetzung der Jugendlichen einher. Die Anzahl der Freunde und Bekannten im Netz gilt als Statussymbol. Um die Sinnhaftigkeit dieses Verhaltens nachvollziehen zu können, ist die Theorie der schwachen Beziehungen sehr hilfreich. Eine Vielzahl von schwachen Beziehungen ist in der realen Welt des Flexibilität fordernden Kapitalismus (Richard Sennet) von Vorteil, da ich eher auf Jobs und Chancen aufmerksam (gemacht) werden kann. Starke Beziehungen sind wichtig für die persönliche Verortung, aber sie sind, informationstheoretisch gesehen, redundant. Informationen, so hat Granoveter festgestellt, fließen bei schwachen Beziehungen schneller. Informationen über neue Jobs bekommt man über schwache Beziehungen, ebenso helfen schwache Beziehungen Kontakte zu erschließen, die über das soziale Milieu hinausgehen, das in Real-Leben eine prägende Kraft hat. Vernetzte Onliner sind daher eher in der Lage in einer Welt zu leben, die von der Globalisierung geprägt ist, wo es ständig notwendig ist, sich neuen Herausforderungen zu stellen.

Aber es entstehen neue Risiken. Das Web verlangt Offenheit. Der Missbrauch dieser Offenheit ist jedoch sehr einfach (Mobbing), und das Internet vergisst nichts. Und es ist der Faktor der Beschleunigung unserer Welt, die bei vielen Menschen Stress auslöst.

Wir können also sagen, dass unsere Welt sich gerade stark verändert, auch der Arbeitswelt steht dies bevor. Die Praxis lehrt uns, dass wir die kommenden Veränderungen akzeptieren und uns arrangieren müssen. So machen uns vielleicht die neuen Medien fähig, in der neuen Arbeitswelt zurechtzukommen.

Wie weit kann sich der Mensch anpassen? Beeinträchtigen die virtuellen Lebenswelten unsere Kompetenz, angemessen mit der realen Welt umzugehen? Entsteht gar ein Spannungsfeld zwischen realer und virtueller Lebenswelt? Und wenn ja, wie wirkt es sich aus?

Nun, mit jeder Innovation gehen Gewinne und Verluste einher, und Wahrnehmungsgewohnheiten verändern sich. Dies kann als Bedrohung, aber auch als Chance gesehen werden, neue Ressourcen zu schaffen und zu nutzen. Die aktuelle Entwicklung, die einher geht mit einem Bedeutungsgewinn von virtuellen Erfahrungen, wird von Röll daher als große Herausforderung interpretiert.